Arbeitsmarkt - 07.12.2022

Erwerbsverläufe ab 50 Jahren in der Schweiz

Die vorliegende Studie widmet sich den Erwerbsverläufen von Personen ab 50 Jahren in der Schweiz, wobei auch Veränderungen über einen längeren Zeitraum betrachtet werden.

Der Fokus der Studie liegt auf dem Vergleich von drei gepoolten Geburtskohorten, die im Zeitraum 1992 bis 2012 ihr 50. Altersjahr vollendeten: Kohorte 1 beinhaltet die Jahrgänge 1942-1948, Kohorte 2 die Jahrgänge 1949-1955 und Kohorte 3 die Jahrgänge 1956-1962.

Die Erwerbsbeteiligung älterer Personen ist in allen Altersjahren über die Zeit gestiegen. Das liegt an den Frauen: Bei den Frauen ist ein deutlicher Anstieg in der Erwerbstätigenquote zu beobachten, der hauptsächlich auf den gesellschaftlichen Wandel und institutionelle Änderungen zurückzuführen sein dürfte. Bei den Männern ist die Arbeitsmarktpartizipation hingegen leicht zurückgegangen. Bei den Erwerbseinkommen ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten.

Eine dynamische Analyse anhand detaillierter Erwerbsstatus-Kategorien zeigt, dass der Anteil der Arbeitslosen über alle Altersjahre und Kohorten nahezu konstant blieb. Dies deutet darauf hin, dass sich Arbeitslosigkeitsrisiko und -dauer insgesamt nur unwesentlich verändert haben. Die Erwerbsverläufe sind stark unterschiedlich, je nachdem ob jemand im Alter von 50 Jahren erwerbstätig oder arbeitslos war: Bei den Erwerbstätigen befinden sich zehn Jahre später noch 75% im Arbeitsmarkt, bei den Arbeitslosen sind es nur rund 50%. Beim Bezug von IV-Renten schliesslich sticht die hohe Prävalenz im Alter ins Auge. Bedeutsam ist jedoch, dass der Übergang zu einer IV-Rente nach 50 Jahren im Zeitverlauf deutlich abgenommen hat; dies dürfte eine Folge der 4. und 5. IV-Revisionen sein, welche die Neurenten stark reduzierten.

Eine ökonometrische Analyse zeigt, dass eine Arbeitslosigkeit im Alter die Arbeitsmarktpartizipation der Betroffenen bis zum ordentlichen Rentenalter nachhaltig reduziert und teilweise auch frühzeitige Rücktritte aus dem Erwerbsleben auslöst. Die Auswirkungen einer Arbeitslosigkeit mit 50 Jahren haben sich über die Zeit kaum verändert. In späteren Altersjahren scheinen die Betroffenen in den jüngeren Kohorten aber mehr Mühe zu bekunden, zurück in den Arbeitsmarkt zu finden, als dies in der ältesten Kohorte der Fall war. Der Kohortenvergleich deutet auch darauf hin, dass die negativen Effekte einer Aussteuerung auf die Arbeitsmarktintegration von älteren Arbeitnehmenden über die Zeit etwas zugenommen haben.

Der Trend der steigenden Erwerbspartizipation der über 50-Jährigen dürfte sich – dank den Frauen – in den kommenden Jahren wahrscheinlich fortsetzen. Betrachtet man die einzelnen Altersphasen, so ist zusätzliches Erwerbspotenzial vor allem ab 60 Jahren auszumachen. Entsprechend könnten Massnahmen, welche auf einen längeren Verbleib im Arbeitsmarkt ab 60 Jahren ausgerichtet sind, die Erwerbsbeteiligung positiv beeinflussen. Nicht zuletzt unterstreichen die Ergebnisse auch die zentrale Bedeutung der Wiedereingliederung von älteren Arbeitslosen, weil sich die durch eine Arbeitslosigkeit entstandenen Brüche in der Erwerbsbiografie auch mittel- bis langfristig auf die Arbeitsmarktbeteiligung auswirken.

Ansprechpartner:in für diese Studie

Dr. Boris Kaiser

Senior Berater bei BSS Volkswirtschaftliche Beratung Basel

Dr. Boris Kaiser ist anerkannter Fachexperte und Autor wissenschaftlicher Studien im Themenspektrum focus50plus.

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